Geschichte des Autorenkreises

 Bovenden und die drei Gründer der Plesse

Carl Heinz Kurz
Warum gerade Bovenden? Der "Flecken" Bovenden liegt 6 km nördlich von Göttingen. Bovenden wurde Sitz des Autorenkreises Plesse, weil die Gründer in dieser Region zu Hause waren.

Carl Heinz Kurz, Weltreisender, Haiku-Dichter und Reiseschriftsteller, wohnte im Bovender Pappelhof, in Bovenden-Rauschenwasser, Adolf Georg Bartels, Lyriker, und Rudolf Otto Wiemer, Lyriker, Romanautor und Puppenspieler, lebten in der Universitätsstadt Göttingen. Alle drei waren in ihrem Leben auch eine Zeit lang Lehrer.

Ein bevorzugter, mutmaßlicher Treffpunkt des literarhistorisch berühmten „Göttinger Hains“, die Quelle des Weendebaches, liegt gleich nah zu Bovenden wie zu Alt-Göttingen. Auf die Tradition des „Göttinger Hains“ berief sich eigens der Autorenkreis Plesse, wie Rudolf Otto Wiemer mehrere Male herausstellte. Freilich, der folgenreiche, berühmte „Hainbund“ aus dem 18. Jahrhundert, dieser Dichterbund (gegründet am 12. Sept. 1772), ist eine Sache für sich gewesen; und er ist unwiederholbar.

Die Anfänge

Rudolf Otto Wiemer
Die drei Autoren Kurz, Wiemer, Bartels kannten sich, sie schätzten sich. Das Jahr 1964 hielten sie als den Beginn eines gemeinsamen Projekts fest. Gut ein Jahrzehnt dauerte es, bis sie ihre Pläne mit der Hilfe des seinerzeitigen Gemeindedirektors von Bovenden, Karl Heinz Lies, konkret umsetzen konnten. Lies griff die Idee auf, Dichterlesungen in der Burg Plesse zu veranstalten. Lies kümmerte sich um die Finanzierung. Und er bot die Zeitschrift Plesse-Archiv für den Abdruck der auf der Hauptveranstaltung gelesenen Texte an. Er verwirklichte das „Burgschreiber“-Programm: „Burgschreiber“ wurde eine besondere Auszeichnung für einzelne Autoren.

Carl Heinz Kurz, weitgereist und ungewöhnlich kommunikativ, lud befreundete Schriftsteller aus dem In- und Ausland ein; dabei bedachte er auch immer die Chemie des Kreises. Die Zahl der Mitglieder begrenzte Kurz damals auf 27. Und ein Verein sollte die Gruppe nicht werden. Kurz strebte einen interessierten Freundeskreis an, der in Harmonie gesprächsfähig war. In den Jahren 1976 bis 1985 brachte er diesen Kreis zusammen und fungierte als Gastgeber. Er war der dynamische Mittelpunkt. Siegward Kunath, späterer Nachfolger im Vorsitz, war sein Adjunkt; das Kuratorium bestand außerdem aus Gudula Budke und Detlev Block. Der Flecken Bovenden gewährte nicht nur damals, sondern bis heute die finanzielle und zudem ideelle Unterstützung.

Der Autorenkreis Plesse in der öffentlichen Wahrnehmung

1976 fand die erste öffentliche Lesung statt.

Adolf Georg Bartels
Die Autoren lasen im Rittersaal der (wieder aufgebauten) Burgruine Plesse. Bartels, Kurz und Wiemer wurden als „Burgschreiber zu Plesse" herausgestellt; die Ehrungen erfolgten unter dem Beifall der Anwesenden. Die Lesungen fanden größten Anklang. Die Presse bestätigte das in den folgenden Tagen. Gespräche wurden geführt, Wiedersehen gefeiert, Bücher wurden von Hand zu Hand gegeben, Verabredungen getroffen, Einladungen ausgetauscht; kaum dass noch Zeit zum Signieren der Bücher blieb.

Dieses Lesungsprogramm ist dann alljährlich fortgesetzt worden. Lückenlos bis heute. Nur dass sich die Hauptveranstaltung vom Burg-Rittersaal ins Bürgerhaus neben dem Bovender Rathaus verlagerte.

Die zentralen Matineelesungen jedes Jahr standen und stehen immer unter einem neuen Thema. Auch heute ist das noch so. Carl-Heinz Kurz war es im Übrigen darum zu tun, in der Plesse die Anliegen der Internationalen Schriftsteller-Konferenzen von Mölle, Schweden, weiterzupflegen. Und C. H. Kurz brachte zu jedem einzelnen Plesse-Autor im Verlag Graphikum Dr. Mock einen schmalen, edlen Textband heraus; absolut außergewöhnlich für einen Schriftstellerkreis im deutschen Sprachraum. Ermöglicht wurde das wieder, weil der Flecken Bovenden diese Veröffentlichungen mäzenatisch unterstützte.

Die Autoren reisten aus der BRD und der DDR an, aus Spanien, Japan, Großbritannien, den Niederlanden, Israel, Polen, Italien, den USA, Griechenland, Rumänien, Australien, Schweden, Dänemark, Äthiopien, Georgien, Slowenien, Österreich und Frankreich. Gelesen wurde auf Deutsch. Im Lauf der Jahre mussten später Veränderungen hingenommen werden: Die wirtschaftliche Situation schränkte das Kommen vieler ausländischen Literaten ein. Und eine Zäsur bildete der Tod von C. H. Kurz im Februar 1993.

Nachfolger im Vorsitz wurde Siegward Kunath. 2004 folgte im Vorsitz Brigitte Rosetz, 2017 Harald Gröhler.


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